Open Hands: Antworten
Open Hands ist ein Mikrokosmos des Lebens. Ein Fraktal, das alles enthält.
Fraktal? Das da:
Open Hands? Eine Partner-Übung, bei der man sich gegenübersteht und sich und einander «testet». Auf Entspannung und Integration, innere Stärke und so weiter. Klingt sehr technisch, ist jedoch extrem spielerisch. Momentan gibt es noch nicht viel filmisches Material dazu (Corona machte den Strich durch die Rechnung).
Der Filmschnipsel aus den MOVEMENT ADVENTURES sagt nicht viel aus, weil man keine Interaktion sieht, sondern nur, dass Marco mich nicht vom Fleck bringt. Weil ich in meine Struktur entspanne. Und er sich damit selbst wegstößt. Lustig ist es vielleicht trotzdem. Wir hatten es jedenfalls lustig. 😊🏝 Das ist kennzeichnend für Open Hands.
Open Hands ist das simpelste Setting, das einfachste Infinity Game, das die größte Komplexität freilegen und kultivieren kann.
Zum Beispiel?
Eigenständigkeit. Im wahrsten Sinn des Wortes
Als erstes zeigt es uns, was es braucht, um überhaupt in Beziehung treten zu können: ein eigenes Zentrum haben, eigene Stabilität, in sich ganz sein, das können wir Integrität nennen, eine eigene Identität sein, ein eigenes in sich geschlossenes (aber nicht verschlossenes) System sein, ein eigenes Tensegrity. Gleichzeitig lehrt es uns, dass wir durch Beziehung, durch die Dynamik der Beziehung, eigenständiger und mehr in uns ganz werden. Eigenständigkeit und Beziehung bilden ein dynamisches, sich selbst verstärkendes Ganzes. Jedoch braucht es als ersten Schritt ein gutes Maß an Integrität und Kompetenz, um sinnvoll in Beziehung treten zu können. In eine Beziehung, die beide bereichert. Eine Beziehung, die selbst verstärkend sich entwickeln kann. Das ist grundlegend.
Lehre ohne Lehrer
Open Hands hält uns keine Vorträge, sondern macht diese einfachen Tatsachen sofort, unmittelbar, und unvermittelt klar. «Ist ja eh klar?», sagt man da? Dann zeigt dir Open Hands, wie sehr diese Klarheit bereits verkörpert ist. Es zeigt die Diskrepanz zwischen Konzept und Verkörperung sehr schnell auf.
Ebenso klar wird es dem Praktizierenden unmittelbar, dass die eben beschriebenen Voraussetzungen nicht nur für Open Hands gelten. Und wieder, es wird nicht einfach mental klar, sondern handelnd. Es braucht dafür jedoch nicht, wie man meinen könnte, einen Transfer. Denn die Erfahrungen, die wir im Open Hands machen, sind körperlich und gestalten direkt unser Nervensystem und unsere Kognition. Ein Transfer ist damit nicht nötig. Die im und durch Open Hands gemachten Erfahrungen werden von sich aus hinaus ins Leben getragen und wirken als gestaltende Kräfte.
Körperweisheit evozieren
Zu oft habe ich gesehen, dass ungeerdete, unstabile Leute, die keine Ahnung hatten, was sie tun, sich im Open Hands versuchten. Das Resultat ist traurig. (Dasselbe gilt für Push Hands/Tui Shou.) Wenn sie wenigstens wüssten, was sie tun. Das braucht eine gründliche Einführung. Gleichzeitig ist Open Hands in seiner Simplizität – und Paradoxität, denn wie kann Entspannung Härte neutralisieren? Selbst wenn man es sieht, versteht man es nicht – dahingehend designt, dass es den denkenden Verstand total überfordert. So kann die verkörperte Weisheit, die strukturierte Spontaneität, die Führung übernehmen.
Nutzen wir Open Hans um zu schauen, wo im Individuum die Schwachstellen liegen, ist es ein Segen. Es ist von dem her auch ein Analyse-Tool. Doch anders als reine Analyse bietet Open Hands Differenzierung und Integration zugleich. Es zeigt offensichtlich, wo die Arbeit getan werden muss, wo die individuellen Potenziale liegen, wenn wir es positiv formulieren möchte. Es braucht dazu niemanden von außen, keinen Lehrer, keinen Meister, keinen Experten, sondern lediglich die Fähigkeit, das was sich zeigt, anzunehmen. Zeigen tut es sich offensichtlich, da gibt es nichts zu rütteln. Natürlich kann man für die Differenzierung und für weitere Schritte Rat holen bei denjenigen, die wissen, wie man die individuellen Potenziale erkennt und fördern kann. Niemand sagt, man könne oder müsse diesen Weg alleine gehen (im Gegenteil, niemand kann diesen Weg alleine gehen). Das Entscheidende ist aber, dass die Potenziale nicht von außen aufgedeckt werden müssen. Somit können sie auch nicht als Interpretation des Lehrers interpretiert werden. Die Potenziale präsentieren sich offensichtlich und unmittelbar auf dem Tablett. Voilà.
Fragen über Fragen. Antworten über Antworten
Open Hands ist die perfekte Lehrerin, wenn es um die Klärung der Frage geht: Was soll ich tun? Woran soll ich arbeiten? Was sind meine Potenziale? Wie kann ich mich freier bewegen? Wie kann ich mit dem Leben fließen?
Und weiter: Was sind meine mir eingefleischten Muster, die ich unablässig produziere und doch nie sehe? Und das, obwohl sie so offen-sichtlich sind? Wie kann ich sie dekonstruieren und neue, förderliche Muster rekonstruieren bzw. freilegen? Wo sind meine – physischen, psychischen – Blockaden? Wo ist zu viel, wo ist zu wenig? Wie kann ich einen Angriff ohne Widerstand annehmen, ohne mich dabei aber manipulieren zu lassen? Wie kann ich meine primitiven Fight-Flight-Freeze-Reaktionen abbauen, und was bleibt mir dann? Wie kann ich unter Druck entspannen? Wie kann Entspannung dynamisch werden? Wie kann ich das K von reaktiv nach kreativ verschieben? Wie kann ich stabil und agil zugleich sein? Was heißt es, innerer Raum zu sein? Sich frei zu bewegen und frei in Kontakt zu gehen? Was ist Elastizität, Adaptivität, Responsivität? Was heißt empfangen, wenn ich es verkörpere? Wie ist das Weiche stärker als das Harte? Wie wirkt sich eine klare Absicht (Intention) aus? Wie generiere ich entspannte Kraft? Wie kann ich die Kraft eines Angriffs speichern und wieder freisetzen und dabei transformieren? Wie kann ich präsent sein und bleiben? Was heißt volle Präsenz? Wie verbinde ich mich mit einem Gegenüber, und von wo? Wie können wir ein Gemeinsames aufbauen, mit einem starken Zentrum, um das sich eine unglaubliche Dynamik entwickeln kann?
Diese Fragen und viele mehr werden sich aus dem Open Hands heraus zeigen. Und deren Antworten werden aus der präsenten, sich befreienden, freien Körperweisheit kommen. Denn diese ist eine unglaublich kraftvolle, klare Bewegung.
Willkommen in der großen kleinen Welt des Open Hands.
PS: Open Hands ist – zumindest für diejenigen, die es wollen – ein zentrales Element der MOVEMENT ADVENTURES. Die Open Hands Solo-Praxis findest du unter @Home. Das sind grundlegende Bewegungen, damit du weißt, was du tust. Ohne sie geht es nicht.
Open Hands an sich muss man nicht unterrichten, sondern begleiten. Darum bin ich für Workshops jederzeit zu haben. In diesen bin ich auch bereit, die Solo-Praxis zu behandeln. (Ansonsten unterrichte ich Bewegungsabläufe nur noch selten.)
Falls du einen Workshop mit mir abhalten möchtest, nimm Kontakt auf.
Und hier noch ein Video von anno dazumal (2011). Man hört mich nicht sprechen 🙄 Es war etwas von Dekompressionsimpuls, interner Welle, aus dem hinteren Fuß… Enjoy!